Offroad durchs Kaokoveld

26.01.2011 19:19 von Patrick (Kommentare: 1)

Die 500 Kilometer Teerstrasse von Windhuk in den Norden spulen wir in gut 6 Stunden ab. Es ist halt schon so: Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 85 Kilometern die Stunde kommt man in diesem grossen Land nicht sehr schnell ans gewünschte Ziel. Für den letzten heutigen Streckenabschnitt haben wir eine  Abkürzung gefunden, eine vermeintliche, mal wieder. Es stellt sich heraus, dass unsere zwei Jahre alte Karte nicht mehr aktuell ist, denn die vermeintliche Schotterpiste ist eher eine 85 Kilometer lange Spur, die entlang einigen Wildzäunen verläuft. Das erste Viertel kommen wir zwar relativ gut voran, doch dann wechseln sich Tiefsandabschnitte mit Schlaglöchern und hügeligem Gelände ab, so dass wir zeitweise nur noch maximal 20 Km/h fahren können. Nach acht Stunden hinter dem Steuer bin ich ziemlich müde, ich möchte noch 30 Kilometer hinter mich bringen und dann kurz bevor wir die Schotterpiste wieder erreichen, unser Nachtlager aufschlagen. Es ist bereits halb sechs und jetzt taucht auch noch ein Flussbett vor uns auf, dass etwas Wasser führt. Wir halten an und kontrollieren rasch die Tiefe und Bodenbeschaffenheit. Kurz vor dem anderen Ufer sehen wir eine Schlammpfütze, die ich einfach rechts umfahren will. Daniela postiert sich mit der Videokamera mir gegenüber und ich durchfahre das Flussbett langsam, erst durch das Wasser, kein Problem, dann rechts um die Pfütze und es geht schon fast wieder hoch auf der anderen Seite, da macht es einfach «kracks» und der Wagen bricht durch die sandige Oberfläche in den tiefen Schlamm ein. Das Auto macht plötzlich keinen Zentimeter mehr, weder nach vorn noch nach hinten. Danielas Gesicht ansehend, vermute ich nichts Gutes. Ich steige aus und tatsächlich, der Landcruiser liegt hinten voll auf, die Räder sind tief im Schlamm versunken, das Profil ist nicht mehr zu sehen. Wir haben nun optimale Reifen für eine Formel 1-Strecke.

 

Als erstes versuchen wir, die Räder mit grossen Steinen zu unterlegen, so dass die Reifen auf diesen Halt finden, rauf klettern und den Wagen aus dem Schlamm heben. Doch das Resultat ist ernüchternd, die Räder finden kein bisschen Halt und die Steine verschwinden im Boden. Ich mache mir etwas Sorgen, denn wir haben noch etwa eine Stunde bis zur Dämmerung und der Anblick macht mir echt keinen Mut. Als ich darüber nachdenke, wie wir uns wieder aus dem Schlamm-assel befreien können, taucht aus dem Nichts ein grinsender Einheimischer auf. Ich kann gar nicht anders, als zurück zu grinsen und meine Hände über dem Kopf zu verwerfen. Er bietet uns gleich seine Hilfe an und wir beschliessen, dass wir den Wagen als erstes wohl ausgraben müssen. Überall wo man hintritt, verwandelt sich der Sand augenblicklich in tiefen Schlamm und wir graben mit Schaufeln und blossen Händen, bis wir komplett braun gefärbt sind. Seine Frau und Tochter kommen nun auch noch dazu und sehen sich das Spektakel etwas belustigt an. Nach einer Weile haben wir so viel Schlamm entfernt, dass wir glauben, einen Versuch wagen zu können, der allerdings mit dem selben Resultat endet wie zuvor: Es geht weder vor noch zurück.

 

Nächster Plan: Den Wagen mit dem High-Lift hinten hochzuheben und die Sandbleche unter die Räder schieben. Doch damit wir den Wagenheber überhaupt ansetzen und hebeln können, müssen wir erst ein tiefes Loch buddeln und dieses mit Steinen auskleiden, damit der High-Lift nicht auf nimmer wiedersehen im Schlamm versinkt. Das ist Schwerstarbeit, doch unser neuer Freund legt sich derart ins Zeug, dass ich fast ein schlechtes Gewissen bekomme, wenn ich kurz Luft hole. Schlussendlich können wir den Wagen tatsächlich anheben und die Frauen packen mit an und schieben die Bleche unter die Räder. Jetzt müssen wir den Wagen nur wieder runter lassen... und genau das kann unser High-Lift leider nicht mehr. Da nun bestimmt zwei Tonnen auf ihm lasten, können wir ihn natürlich auch nicht einfach wegziehen. Es bleibt nur eines. Richtig: Den Wagenheber ausgraben.

 

Die Sonne ist mittlerweile untergegangen und wir sind fix und fertig, als wir zum letzten Versuch ansetzen, alle schieben mit. Und Gott sei Dank: Wir rollen aus dem Schlamm, das andere Ufer hoch. Ich bin so erleichtert und voller Freude, dass ich die Handbremse nicht fest genug anziehe und das Auto wieder einen Meter zurück rollt, ehe ich es noch auffangen kann. Wir jubeln zusammen mit der Familie, schenken den Frauen Schweizer Schokolade und fragen unseren eifrigen Helfer, der gerade unsere Sandbleche im Fluss wäschent, wie wir uns bei ihm bedanken können. Er ist etwas unsicher, aber seine Tochter redet dann auf ihn ein bis er uns anstrahlt und einfach «money» sagt. Das geben wir ihm dann auch sehr dankbar, alleine schon für die Reinigung seiner Kleider. Wir fragen ihn auch, ob es okay wäre, wenn wir einfach hier oben am Ufer campieren, was er freudig bejaht. Und so tun wir nichts anderes mehr, als den gröbsten Schlamm von unseren Körpern zu waschen und erschöpft, aber glücklich einzuschlafen.

 

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Gleich mit dem Sonnenaufgang sind wir fahrbereit und nehmen die nächsten 40 Kilometer in Angriff, bis wir in Sesfontain ankommen, wo wir endlich wieder Handynetz haben und Ray und Uli anrufen können. Diese haben glücklicherweise in Purros gewartet, nicht allzu weit entfernt. Da wir weiter nördlich aber keine Tankstelle mehr finden werden, machen wir uns in Sesfontain erst mal auf die Suche nach Diesel. Aber die einzige Tankstelle, die einfach nur aus zwei Zapfsäulen besteht, ist verlassen. Auf der Strasse sehen wir viele Schilder von Einheimischen, die Benzin verkaufen, aber kein Diesel. Wir geben auf und fahren weiter, es sollte für unsere Expedition schon reichen. Gleich beim Ortsausgang werden wir aber von einem Pickup überholt und angehalten. Der Typ in Lodgeuniform hat uns ratlos bei der Zapfsäule stehen sehen und fragt uns, ob wir Diesel benötigen. Er hat 25 Liter zu verkaufen. Dann wird es ein wenig unheimlich: Wir fragen erst mal nach dem Preis und er sagt, 245 N$ wären angemessen. Wir rechnen kurz nach und merken, dass dies 9.8 N$ pro Liter wären, statt der üblichen 7.8, was insgesamt also 195 N$ wären. Wir sagen ihm das und bieten 200 N$, worauf er ohne weiter zu verhandeln einwilligt. Er braust davon und kommt zehn Minuten später mit einem Kanister zurück und wir sind natürlich misstrauisch, doch das Zeug sieht aus wie Diesel, riecht auch wie Diesel, so dass wir sagen müssen: es ist Diesel. Um es vorweg zu nehmen: Wir sind damit gut gefahren. Bis jetzt.

 

Wir verabschieden uns und machen uns auf den Weg nach Purros, fasziniert wieder einmal, wie es hier immer jemanden gibt, der helfen kann oder weiter weiss. Gegen 14:00 Uhr treffen wir schliesslich in dem kleinen Dorf Purros ein und finden nach einigem Suchen unsere deutschen Reisepartner in einem Camp direkt am trockenen Flussbett. Sie freuen sich uns zu sehen und sind auch bereit, nochmals eine Nacht hier zu verbringen, da wir von den letzten zwei Tagen ziemlich müde sind und uns so auf eine Dusche freuen, die dieser Zeltplatz hier draussen tatsächlich bieten kann. Überhaupt ist dieses Camp wunderschön, die Stellplätze sind weit auseinander und unter riesigen Schatten spendenden Bäumen angelegt. Wir verabreden uns zum Abendessen, denn bis dahin können wir leider nicht relaxen, sondern haben beide noch etwas vor.

 

Daniela muss das gesamte Auto ausräumen, um es von ausgelaufenem Wasser zu befreien. Während unserem letzten Streckenabschnitt hat es so geruckelt, dass die Campingstühle irgendwie an den Hahn des Wassertanks gestossen sind und diesen aufgedreht haben. Jedenfalls sind die 35 Liter, die mal in dem Tank waren weg und der Boden und die eine Wand sind nass. Glücklicherweise ist der grösste Teil durch eine Öffnung nach draussen gelaufen (hoffen wir), trotzdem ist alles feucht geworden und muss in der Mittagssonne getrocknet werden.

 

Währenddessen will ich mich dem platten Reifen widmen, das wir uns bei der Ameib Lodge geholt haben. Wir haben ihn extra nicht reparieren lassen, weil ich das einmal selber machen möchte, so dass ich im Notfall weiss, was zu tun ist. Ohne Maschinen oder Spezialwerkzeug ist das aber eine echte Plackerei. Um den Reifen von der Felge zu lösen, kann man in der Theorie darüber fahren, doch erst das unermüdliche herum hüpfen auf dem Gummi erzielt den gewünschten Effekt. Der Schlauch ist schnell gewechselt, doch dann will die Felge auch wieder zusammengesetzt werden. Wie ichs auch anstelle, ich krieg diesen vermaledeiten Sprengring nicht in die Felge zurück gehämmert. Nach zwei Stunden hab ich die Nase voll und laufe zu Ray rüber, ich will ihn nach einer Idee fragen. Inmitten der Strecke kehr ich dann aber doch wieder um. Ich sage mir, wenn du irgendwo in der Pampa steckst, kann dir auch niemand helfen. Also denke ich nochmals eine Weile nach, lege ich den Sprengring wieder in die Felge, hämmre ihn von der einen Seite soweit rein wie es geht und dann hüpfe ich wütend eine Viertelstunde darauf herum (was gar nicht so einfach ist auf einem Reifen) bis sich das Teil endlich Stück für Stück dahin bewegt, wo es hin gehört. Fast drei Stunden hat es mich gekostet, aber ich hab den Reifen besiegt! Rohe Gewalt ist manchmal also doch eine Lösung. Auch wenn ich jetzt weiss, wie es funktioniert, so bald möchte ich diese Übung nicht wiederholen.

 

Endlich können wir uns zu den beiden anderen setzen, gemütlich grillen und mit Rotwein anstossen. Es ist ziemlich lustig, ihren Geschichten zu lauschen. Sie waren schon öfter mit Geländewagen und Motorrad in Afrika unterwegs und haben so einiges erlebt. Wir sind froh, die zwei getroffen zu haben und freuen uns auf die folgenden Tage im Kaokoveld.

 

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Unser nächster Tag beginnt mit der Fahrt im Flussbett weiter in Richtung Norden. Wir haben den Reifendruck verringert und so trotz tiefem Sand keine Probleme, unseren Offroad-erfahrenen Freunden zu folgen. Einfach so im trockenen Flussbett fahren zu können ist wunderschön. Dann und wann trifft man auf ein Hindernis, das man am Ufer umfahren muss und durchquert ab und zu einen Nebenarm. An einer Stelle zerlegen wir mit unserer Axt einen umgestürzten Baum, der uns an der Weiterfahrt hindern will. Bei der nächsten offiziellen Schotterpiste verlassen wir den Hoarusib River wieder und kommen nach Orupembe. Dieser Ort besteht einzig und allein aus einem umzäunten weissen Gebäude und einem klitzekleinen Laden, dem ««Shop Nr. 1», der tatsächlich mit kühlem Bier wirbt. Natürlich halten wir hier und kommen uns vor wie in einem Film von Quentin Tarantino, wie Ray es treffend ausdrückt. Die anwesenden Akteure seien kurz vorgestellt: Eine schwarze, völlig unmotivierte junge Frau, die offensichtlich den Shop führt. Drei junge Typen, die mit ihren Eseln an der Seite stehen und uns beobachten, der eine so betrunken, dass seine Augen aus dem Gesicht zu quellen scheinen. Am Boden sitzt eine barbusige Himba und auf uns zu kommen zwei junge Japaner, die einfach den Yakuza angehören müssen und uns hier, kurz vor dem Ende der Welt, nach einer Mitfahrgelegenheit fragen, denn sie stecken schon seit drei Tagen hier fest. Kein Wunder! Doch wir fahren in die entgegengesetzte Richtung und holen uns nur ein paar gekühlte Biere, bevor wir uns wieder ins Auto setzen und staunend davon fahren.

 

Wir nehmen die letzten 25 Kilometer unserer heutigen Etappe in Angriff, besonders schnell voran kommen wir allerdings nicht. Der Grund ist aber erfreulich: Wir entdecken zahlreiche Giraffen, die uns genau so neugierig beäugen wie wir sie. Sogar ein ziemlich furchtloses Jungtier ist dabei, das sich gekonnt für unsere Foto- und Videokameras in Pose wirft. Wir verbringen ziemlich viel Zeit mit den schönen Tieren und kommen erst mit der einsetzenden Dämmerung in der Marble Community Campsite an. Auch hier werden wir freundlich begrüsst und treffen unseren „Gandalf“, den Entwicklungshelfer wieder, der hier gerade ein Meeting abhält. Er gibt uns nicht nur weitere Tipps auf den Weg, sondern auch zwei Eimer Farbe und ein Paket mit der Bitte, dies bei einer Lodge ganz im Norden abzugeben. Das erspart ihm eine weite Reise und ist für uns kein Problem, da wir sowieso dort in der Nähe übernachten wollen.

 

Den Abend verbringen wir wieder gemütlich am Feuer bei unserem kühlen Bier aus dem «Shop Nr. 1» und abenteuerlichen Geschichten über Autoschiebereien in afrikanischen Ländern.

 

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Das Marble Community Camp trägt seinen Namen nicht umsonst: Hier haben erst die Amerikaner und in einem zweiten Anlauf die Chinesen versucht, weissen Marmor in herausragender Qualität abzubauen. Doch weil sie dem Fels nur wenige Blöcke im geforderten Mass abgewinnen konnten, mussten sie das Vorhaben wieder abbrechen. Wir sehen uns die Wunden am Berg an und fragen uns, wie sie die Blöcke überhaupt transportiert hätten, zumal keine richtige Strasse hier hin führt. Die Faszination für das weisse Gestein können wir aber verstehen, trotz der brennenden Sonne bleibt die Oberfläche angenehm kühl, denn sie reflektiert das meiste Sonnenlicht, statt es zu absorbieren.

 

Weiter geht die Fahrt gegen Norden. Die ersten 20 Kilometer sind sehr unwegsam, an einer Stelle müssen unsere Autos mehrere Felsstufen auf einen Pass erklimmen und sich dann über spitze und lose Steine wieder den Weg nach unten suchen. Gut zwei Stunden dauert dieser Abschnitt bis wir an der «Red Drum» anlangen. Dieser Punkt ist tatsächlich auf der offiziellen Strassenkarte eingezeichnet, verdankt seinen Namen aber allein einer roten Tonne, die hier im Sand steht. Quasi als Gag hat hier jemand mal einen Briefkasten aufgestellt, der mittlerweile aber ein wenig zerfallen ist. Am Boden haben andere Reisende ihre Namen auf Steine gemalt und bringen uns damit auf eine Idee. Wir reparieren den Briefkasten und versehen ihn mit einem Heft und Kugelschreiber, auf dass man ihn künftig als Logbuch benützen kann. Dafür haben wir die Ehre, unsere Namen als erstes da rein zu setzen.

 

Mit einem guten Gefühl setzen wir unsere Fahrt fort und sehen jetzt öfters Hütten der Himbas, die hier in der Gegend leben. Wir würden gerne „echten“ Himbas begegnen, also solche, die sich nicht dem touristischen Idealbild angepasst haben. Aber wir sind auch realistisch. Einen Himba, der noch nie einen Touristen gesehen hat, wird es hier wohl kaum mehr geben. Einige Kilometer weiter finden wir dann eine einzelne Hütte und halten an. Wir werden von einem Mann begrüsst, der ständig so etwas wie Tabak durch die Nase zieht, aber kein einziges Wort Englisch kann. Es ist fast unmöglich, miteinander zu kommunizieren, dafür aber ziemlich lustig. Ray und Uli schenken ihm eine Packung Mehl und ein Brot, worüber er sich sehr freut. Von hinten kommt nun seine Frau an einem Stock gehend auf uns zu, ihr Rücken ist praktisch im 90 Grad Winkel gebeugt, die Frau keucht vor Schmerzen. Es ist schwierig zu sagen, was genau das Problem ist, aber da der Mann immer wieder darauf hindeutet, tippen wir auf etwas akuteres und hoffen, dass es sich „nur“ um einen Hexenschuss oder ähnliches handelt. Nach langer Beratung entschliessen wir uns dazu, ihr einige Schmerztabletten da zu lassen, die auch nicht schädlich sein können, würde sie alle auf einmal nehmen oder etwas anderes damit anstellen. In Zeichensprache und mit Stift und Papier, versuchen wir ihr zu erklären, dass sie täglich nur eine davon vor dem Einschlafen nehmen soll. Jeder von uns versucht sich als Dolmetscher und obwohl beide nicken, sind wir nicht sicher, ob sie begriffen haben.

 

Sie laden uns nun ein, ihre Hütte anzusehen und wir folgen ihnen. In der kleinen Hütte hat es eigentlich nichts, ein Kessel und ein Löffel sind die einzigen Utensilien. Hinter der Hütte aber, finden wir jede Menge leerer Flaschen Bier und hochprozentigen Fusels. Es stimmt uns nachdenklich, aber es ist wohl das Schicksal der meisten Urvölker, sie gehen am Rausch zugrunde. Wir hoffen trotzdem, dass sie unsere Tabletten für den gedachten Zweck verwenden und verabschieden uns mit dem Versprechen, in zwei oder drei Tagen nochmals hier vorbei zu kommen.

 

Der weitere Weg wird nun zunehmend besser, im festen Sand können wir zwischenzeitlich sogar im fünften Gang fahren. Am frühen Nachmittag erreichen wir in Otjinhungwa den Kuene River, der die Grenze zu Angola bildet. Und der führt Wasser, viel Wasser. Nach den unzähligen trockenen Flussbetten wirkt das beinahe spöttisch, ja verschwenderisch. Bevor wir zum Camp fahren, bringen wir erst das Paket in die schöne Lodge, deren Gäste in der Regel per Flugzeug anreisen. Der Betreiber der Lodge freut sich sehr über unsere Mitbringsel und bietet uns im Gegenzug seinen Pool zur freien Benutzung an. Doch wir wollen erst noch bis ans Ende der Strasse fahren, um zu sehen, ob der Fluss ein paar natürliche Pools gebildet hat, die wir zum Baden nützen könnten. Wir finden dann zwar keine Badestelle, dafür aber eine tolle Aussicht auf die Stromschnellen des Grenzflusses.

 

Schliesslich machen wir es uns im Camp direkt am Fluss gemütlich, backen Brot und kochen uns eine leckere Mahlzeit. Es gefällt uns allen sehr gut hier und nach den anstrengenden Strecken der letzten Tage, beschliessen wir zwei Nächte hier zu verbringen. Es sind wieder richtige Ferien: Im Schatten sitzen und lesen, einen kleinen Spaziergang auf den Berg nebenan unternehmen und am Wasser ein kühles Bier geniessen. Was könnten wir anderes wollen?

 

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Nach den zwei schönen Tagen hier läuft die Zeit für Ray und Uli langsam ab, in drei Tagen geht ihr Flug zurück in die kalte Heimat. Von Otjinhungwa führt sowieso kein Weg weiter, also müssen wir zurück zur «Red Drum». Unterwegs halten wir wie versprochen nochmals bei den Himbas. Die Frau demonstriert, dass sie den Rücken wieder halbwegs aufrichten kann (es sieht immer noch äusserst schmerzhaft aus), während der Mann zugedröhnt in der Hütte liegt. Wir können nicht so genau in die Hütte sehen, deshalb wissen wir nicht, ob die restlichen Tabletten noch da sind oder nicht. Wir lassen nochmals eine Packung Teigwaren da und verabschieden uns dann, nachdenklich gestimmt, so wie beim ersten Besuch.

 

An der «Red Drum» kontrollieren wir schnell das Logbuch, finden leider aber keine neuen Einträge darin. Aber es ist ja auch nicht so, dass es sich um eine vielbefahrene Piste handelt. Den Eintrag muss man sich schliesslich erst verdienen, jawohl! Wir nehmen nun eine andere Piste, so dass wir den Pass auf einer Sandpiste umfahren können, was uns etwas Zeit spart, vor allem aber unsere Nerven schont. Ein weiterer Spassvogel hat auf dieser Strecke eine blaue Tonne und eine alte Sattelitenschüssel mit ausgedientem Telefon aufgestellt. Ein cooles Fotomotiv! In Orupembe fahren wir wieder am «Shop Nr. 1» vorbei. Hinter dem Tresen steht noch immer die Frau mit dem selben unmotivierten Gesichtsausdruck, am Boden sitzt noch immer dieselbe Himba und die drei Jungs mit ihren Eseln sind auch noch da. Nur die Japaner sind weg. Hoffentlich sind sie nicht zu Fuss aufgebrochen...

 

Wir sind nun wieder auf einer offiziellen Schotterpiste, doch das heisst hier nichts. Gerade mal 40 Kilometer die Stunde beträgt unsere Spitzengeschwindigkeit. Da wir bei diesem Tempo nicht mehr bei Tageslicht in Opuwo ankommen würden, beschliessen wir, unser Nachtlager neben einem ausgetrockneten Flussbett aufzuschlagen. Bei einem traumhaften Sonnenuntergang gibt es heute ein etwas bescheideneres Mahl, unsere Vorräte gehen langsam zur Neige. Wir nehmen uns aber vor, in Opuwo alle Vorräte aufzustocken, so dass wir an unserem letzten gemeinsamen Abend nochmals ein richtiges Grillfest veranstalten können.

 

Das kleine Städtchen Opuwo erreichen wir dann kurz nach dem Mittag. Hier treiben sich alle möglichen Gestalten rum, dieser Ort liegt auf den öfters befahrenen Touristenrouten. Wir tanken und kaufen Lebensmittel für die nächsten Tage, bevor wir der Strasse nach Sesfontein folgen. Nach einer weiteren Stunde zweigen wir ab in die Einfahrt des Camp Aussicht, wo wir diese Nacht bleiben wollen. Marius, der Betreiber, baut hier in seiner eigenen Mine Kupfer und Dioptase-Kristalle ab. Die vier Campingplätze auf dem kleinen Berg sind liebevoll gestaltet und überall hängen selbstgemalte, lustige Schilder. Bevor wir unsere Grillparty beginnen, erkunden wir zuerst noch den Abraum der Mine und sammeln ein paar schöne, kleine Kristalle und besteigen den Gipfel des Berges, um die Aussicht von einem Hochsitz aus zu geniessen. Auf den Grill legen wir dann drei riesige Grillschnecken und zwei grosse Steaks, dazu gibt es Teigwaren, Couscous-Salat, Kürbisse und Kartoffeln. An Bier mangelt es uns nicht und bei lustigen Geschichten verbringen wir nochmals einen richtig coolen Abend.

 

Am morgen müssen wir Uli und Ray dann aber ziehen lassen, sie haben heute noch 600 Kilometer vor sich. Es ist wirklich cool, dass wir die beiden an einer Tankstelle getroffen und uns so gut verstanden haben. Danke euch, wir hatten super viel Spass!

 

Wir dagegen dürfen uns etwas mehr Zeit lassen, denn Marius macht mit uns noch eine kleine Führung durch die Mine. Schon erstaunlich, wie viel Gestein er allein mit dem Presslufthammer hier abgetragen hat. Der längste Stollen ist etwa 15 Meter lang und nur zwei Meter breit, damit er nicht einstürzt, denn Marius darf die Decke von Gesetzes wegen nicht abstützen. Fledermäuse fliegen uns entgegen, als wir mit den Taschenlampen der kristallhaltigen Ader folgen. Man wird plötzlich von einer grossen Lust gepackt, hier selber nach den Steinen zu schürfen. Doch dafür sind wir nicht lange genug hier und wir vermuten, dass auch Marius noch viel zu tun hat. Wir sagen deshalb tschüss und steigen auch wieder in unseren Wagen.

 

Ja der Wagen... auch ihm sollten wir etwas Gutes tun und ihn vor der Reise in die wilderen Länder in den Service bringen. Neue Reifen hätte er ebenfalls verdient und ein neuer High Lift-wäre gut investiertes Geld.

 

All dies sind gute Argumente, um nochmals ein paar Tage Urlaub in Swakopmund zu verbringen. Und so steuern einmal mehr auf die Küste zu…

 

 

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Kommentar von best | 03.02.2011

jetzt wird es wirklich afrikanisch, das, was die Reise ausmacht. Das ist die eine Seite, die andere, dass bei den natürlichsten Menschen der Alkohol, Weizen und der Zucker angekommen ist, das ist die traurige Bilanz unserer "freien" Marktwirtschaft. Die natürlichsten Kulturen werden damit in allerkürzester Zeit zunichte gemacht. Die lebende Natur mit den Tieren zeigt die angenehme Seite. Beste Grüsse

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