Mit den Muttis auf Rundreise

13.01.2011 10:55 von Daniela (Kommentare: 0)

Montag, 3. Januar 2011

Heute ist es soweit: Mit einem Tag Verspätung landen unsere Muttis um 8:30 Uhr in Windhoek. Anni, Patricks Mutter, wurde nicht rechtzeitig fertig mit ihrer Arbeit und hat deshalb den Abflug kurzerhand (und mit einigem administrativen Aufwand) um einen Tag verschoben. Uns haben sie am Silvesterabend kurz vor Mitternacht darüber informiert. Wir waren damals aber bereits so angeheitert, dass wir uns am nächsten Morgen nicht mehr sicher waren, ob das nun ein Scherz war oder nicht. Anni meinte es ernst und so genossen wir den unerwarteten freien Tag zwischen Naankuse und der Ankunft unserer Mütter mit relaxen und Nichtstun.

 

Jetzt aber sitzen wir mit freudiger Erwartung in unserem Landcruiser vor dem Hotel und warten bis der Bus mit unseren Muttis in unsere Strasse einbiegt. Bereits von weitem winken uns die beiden zu und umarmen uns stürmisch, kaum ist der Bus zum Stillstand gekommen. Auch Esmes, ihr dunkelhäutiger Fahrer, begrüsst uns freundlich und wir sind erstaunt wie gut er Deutsch spricht. Für eine lange Begrüssungszeremonie bleibt allerdings keine Zeit. Es ist bereits halb elf und wir haben noch eine lange Strecke vor uns. So verschwinden alle nach wenigen Minuten wieder in ihre Fahrzeuge und als kleine Karawane düsen wir los Richtung Süden. Nach 60 Kilometern legen wir in Rehoboth unseren ersten kurzen Halt ein und besorgen uns im Supermarkt einige Snacks für ein kleines Picknick. Zuerst witzeln unsere Mütter noch darüber, dass sie den weiten Weg von der Schweiz nach Namibia geflogen sind nur um in einem deutschen Spar einkaufen zu gehen, schlussendlich stehen sie dann aber doch etwas verloren vor den Regalen und wissen nicht so recht, was sie einkaufen sollen. Nach Betti Bossi's Fertigsalaten oder Anna's Best Sandwichen suchen sie hier nämlich vergebens. Am Ende findet dann aber doch jeder noch etwas Kleines und so fahren wir weiter und halten wenig später an einem kleinen Rastplatz direkt neben der Strasse und geniessen unsere Mittagessen unter einem schattigen Baum. In Namibia hat es glücklicherweise derart wenig Verkehr, dass auch die nur wenige Meter entfernte Hauptstrasse nicht weiter stört.

 

Die weitere Fahrt bis nach Mariental verläuft ruhig und wir kommen zügig voran, sodass wir kurz vor vier Uhr in der Lapa Lange Lodge einchecken können. Es ist Nebensaison in Namibia und so sind wir die einzigen Gäste in der typisch afrikanisch eingerichteten Lodge. Trotz der rund 24-stündigen Reise unserer Mütter, gönnen wir ihnen auch hier nur eine kleine Verschnaufpause. Die Lodge bietet einen Gamedrive an und Patrick und ich drängen darauf unsere neu erlangten Kenntnisse über die Wildtiere Afrikas noch vor dem Sonnenuntergang mit unseren Muttis zu teilen.  Mit gekühlten Savannas im Gepäck und Esmes als Fahrer gehts im Schritttempo los auf Tiersuche. Wir wollen unbedingt den einzigen Giraffen auf dem Gelände finden, nachdem wir in Naankuse während drei Wochen vergebens nach den scheuen Tieren Ausschau gehalten haben. Und tatsächlich haben wir Glück; nach rund einer Stunde entdeckt Patrick einen Kopf, der aus den Baumkronen herausragt. Schnell klettern wir auf den nahegelegenen Wachturm und erhaschen einen kurzen Blick auf den Giraffen in seiner ganzen Grösse. Er hat uns allerdings auch schon entdeckt und so verschwindet er schon bald wieder aus unserem Blickfeld. Trotzdem sind wir stolz auf unsere Entdeckung und stossen auf den Erfolg und unseren ersten gemeinsamen Ferientag an. Zurück in der Lodge lassen wir den Abend mit Wein und Oryx-Filet ausklingen, erzählen von  den letzten zwei Monaten und lauschen dem Regen der draussen eingesetzt hat und nun auf das Strohdach über uns prasselt. Der Regen hat allerdings auch einen kleinen negativen Nebeneffekt; er verursacht einen Stromausfall. Das Hauptgebäude verfügt zwar über einen Generator, nicht so aber die Nebengebäude. So machen wir uns später am Abend mit Taschenlampen bewaffnet auf den Weg in unsere jeweiligen Betten; die Muttis in ihr Häuschen und wir endlich mal wieder in unseren Landcruiser auf dem angrenzenden Campingplatz.

 

 

Dienstag, 4. Januar 2011

Nachdem wir auf unserem gestrigen Gamedrive auch noch zahlreiche Antilopen und sogar ein paar Zebras von Weitem entdeckten, diese sich aber immer ab den lauten Motorgeräuschen erschreckten und schnell das Weite suchten, möchte sich Patrick ihnen heute zu Fuss nähern. Noch vor dem Sonnenaufgang macht er sich kurz vor 6 Uhr mit Wasser, Funkgerät und Teleobjektiv bewaffnet auf den Weg zur rund drei Kilometer entfernten Wasserstelle. Er begegnet einigen Wildtieren, entdeckt die Zebras in weiter Ferne und entschliesst sich, sich ihnen zu nähern. Das grösste Stück der Strecke legt er joggend zurück, zum Schluss pirscht er sich langsam an sie heran. Er hat Glück; die Zebras haben ihn nicht gehört und so kann er ihnen ungestört beim Spielen zusehen. Irgendwann entdecken sie Patrick dann aber doch und machen sich aus dem Staub, nur um den Gnus hinter ihnen Platz zu machen. Diese machen keine Anstalten ebenfalls davon zu rennen, sondern gehen im Gegenteil angriffslustig einige Schritte auf Patrick zu. Der Grund dafür wird schnell klar; unter der Herde befindet sich auch ein Jungtier, welches die Erwachsenen vor Patrick beschützen wollen. Einerseits sind die Hörner der Gnus ziemlich Respekt einflössend, andererseits wird die Zeit für den Heimweg langsam knapp und so entschliesst sich Patrick den Rückzug anzutreten und den Gnus das Feld zu überlassen.

 

Wir anderen haben in der Zwischenzeit genüsslich gefrühstückt, für Patrick reicht die Zeit dafür jedoch nicht mehr. So setzt er sich mit knurrendem Magen hinter das Steuer um die nächsten 200 Kilometer nach Keetmanshoop in Angriff zu nehmen. Für das Erlebnis seine Lieblingstiere aus nächster Nähe beobachtet zu haben, nimmt er dies jedoch gerne in Kauf.

Kurz nach Ankunft in Keetmanshoop setzt erneut ein starker Regen ein, sodass Esmes die zwei geplanten Ausflüge unserer Mütter zum Köcherbaumwald und dem Messosaurus Park auf den nächsten Tag verlegt. Obwohl Regen schön machen soll und Patrick und ich uns von unserer bisherigen Reise schon so einiges gewöhnt sind, möchten unsere Muttis doch nicht, dass wir die Nacht bei diesem Wetter auf einem Campingplatz verbringen. Sie laden uns ein die zwei Tage in Keetmanshoop mit ihnen zusammen im Hotel zu verbringen und wir nehmen dankend an. Auch wenn wir unseren Landcruiser lieben, schätzen wir doch immer wieder die breiten Betten der Hotelzimmer und unsere gönnerhaften Muttis.

 

 

Mittwoch, 5. Januar 2011

Heute morgen brechen unsere Mütter in aller Früh auf, um den Ausflug zum Messosauruspark mit den Fossilien und den Köcherbäumen nachzuholen. Da wir diesen Ausflug bereits bei unserem ersten Besuch in Keetmanshoop unternommen haben, entscheiden wir uns dafür, im Hotel zu bleiben und auszuschlafen. Unsere Muttis bleiben lange weg und als sie schliesslich zurückkommen machen sie alles andere als fröhliche Gesichter. Wir erfahren dass der Fossilienpark mit den Köcherbäumen zwar ganz okay, das frühe Aufbrechen um sieben Uhr aber nicht wirklich wert war. Der Hauptgrund für den unzufriedenen Gesichtsausdruck lag jedoch nicht beim Ausflug selbst sondern bei der Tatsache, dass die Fahrt zum Park und zurück durch mehrere Stopps unterbrochen wurde, da sich Esmes, der Fahrer, mehrmals übergeben musste. Er hatte am Abend zuvor nicht mit uns im Hotelrestaurant von den leckeren wenn auch ein wenig überfüllten Pizzas gekostet, sondern besuchte seine Tante im Ort, wo er sich den Magen mit verseuchtem Lammfleisch verdorben hatte.

 

Wir stecken ihn also ins Bett und stellen etwas enttäuscht fest, dass wir an diesem Tag wohl ohne Fahrer auskommen müssen, obwohl heute doch der Fish River Canyon auf dem Programm gestanden wäre. Anni hat schon einige Canyons gesehen und ist nicht unglücklich darüber, dass sie statt einer erneuten 300 km langen Fahrt auf Schotterpisten nun einen freien Tag in Keetmanshoop hat. Für meine Mutti wäre es allerdings der erste Canyon und ich möchte ihn ihr unbedingt zeigen. Insgeheim hoffe ich ausserdem, dass er nun nach den heftigen Regenfällen etwas mehr Wasser führt und dies zusammen mit den Wolken am Himmel ein besseres Foto abgibt als bei meinem ersten Besuch. Mit Hilfe des Hotels und etwas Glück organisieren wir deshalb innert afrikanischer Rekordzeit einen anderen Guide, der uns nur eine Stunde später mit seinem Riesenbus vor dem Hotel abholt. Wir versuchen noch einmal Anni zu überreden, doch auch noch mitzukommen, machen uns schlussendlich aber zu zweit in einem 14-plätzigen Bus auf den Weg. Der Fahrer hat uns vorgewarnt, dass wir unser Ziel aufgrund der grossen Niederschlagsmenge vom Vortag möglicherweise nicht erreichen werden und so zittern wir bei jedem Wasserloch und beten, dass der schwere Bus nicht stecken bleibt. Wir haben Glück und kommen heil am Canyon an; einzig den Verlust der Klimaanlage gilt es zu verzeichnen, was unsere spätere Rückreise dann zu einer ziemlich schwülen Angelegenheit machen lässt. Jetzt geniessen wir aber zuerst einmal die phänomenale Sicht über den Canyon und lassen die Grösse dieser Schlucht auf uns wirken. Wir sind uns einig, dass sich die 2,5-stündige Holperfahrt auf jeden Fall gelohnt hat, auch wenn der Wasserstand im Canyon nicht merklich höher ist als beim letzten Mal. Über dem Canyon scheint zwar immer noch die Sonne, doch hinter uns türmen sich bereits wieder riesige Regenwolken auf und so begeben wir uns nach knapp einer Stunde wieder auf den Rückweg. Bereits nach wenigen Minuten prasseln riesige Tropfen auf uns herab und der Regenschleier verdeckt unserem Fahrer komplett die Sicht. Erneut müssen wir um unser planmässige Rückreise bangen und sehen uns schon in Gedanken erfolglos versuchen, den Bus aus knietiefen Schlamm zu bergen. Aber erneut haben wir Glück und der Regen lässt nach kurzer Zeit nach, ohne grossen Schaden an der Strasse anzurichten. So verfolgen wir auf dem Rest der Strecke das Lichtspiel aus Sonne und Schatten, dass sich auf den Hügeln vor uns abspielt und halten nach einem Regenbogen Ausschau.

 

 

Donnerstag, 6. Januar 2011

Esmes geht es dank einer Spritze vom Arzt wieder besser und so verlassen wir Keetmanshoop nach einem herzhaften Frühstück Richtung Aus. Obwohl Esmes über unsere Egotour alles andere als glücklich war, sind wir anderen vier froh darüber, dass wir die zusätzlichen Kilometer zum Fish River Canyon heute nicht auch noch fahren müssen. So können wir uns mit der Fahrt für einmal genügend Zeit lassen und ab und zu eine kleine Pause einlegen um ein Flussbett zu erkunden oder nach einer Burg Ausschau zu halten. Je mehr wir uns Aus nähern, desto deutlicher verändert sich nun auch die Landschaft um uns herum. Wir nähern uns der Steppe; die Hügel werden kleiner, rundlicher und sandiger und sind von unzähligen trockenen Grasbüschen bewachsen. Immer wieder sehen wir auch Oryx und Springböcke, welche in der kargen Landschaft auf der Suche nach Wasser und Nahrung sind. In Aus angekommen gönnen wir uns einen leichten Snack in einem typisch deutschen Restaurant, von denen es hier im Süden Namibias nur so wimmelt, kaufen einige Souvenirs und lernen im Infocenter etwas über die Wildpferde der Gegend, bevor wir uns dann auf den Weg zu unserer Lodge Klein Aus Vista begeben. Die Lodge verfügt über 10'000 Hektar Land auf dem sich mehrere Wanderwege befinden und so entschliessen wir uns nach einer kurzen Erfrischung, den Mountain Trail in Angriff zu nehmen, der als schönster Weg gilt. Wir schenken dem Namen des Trails keine weitere Beachtung und machen uns mit zum Teil nicht ganz wandertauglichem Schuhwerk auf den 4 km langen Weg. Zu Beginn führt uns ein sandiger Pfad um einen Hügel herum, vorbei an einem rostigen, von Einschüssen durchsiebten Autowrack. Später lernen wir dann, das drei Männer damit Diamanten aus dem Sperrgebiet schmuggeln wollten und von der Polizei noch im Auto erschossen wurden. Die Diamanten jedoch wurden nie gefunden. Hätten wir das bereits während der Wanderung gewusst, hätte zumindest Patrick der Umgebung des Autos mit Sicherheit noch ein bisschen mehr Beachtung geschenkt. So aber folgen wir weiter dem Weg, der nun plötzlich steil den Hügel hoch führt, felsiger wird und seinem Namen alle Ehre macht. Zum Glück dauert der Aufstieg aber nur zirka 20 min und der Ausblick von oben ist anschliessend schlichtweg überwältigend. Über Kilometer hinweg erstreckt sich die Wüste vor uns, nur aufgelockert durch ein paar Hügel, welche wie aus einem Wolkenmeer aus ihr herausragen und einem ausgetrocknetes Flussbett das sich früher mal schlängelnd seinen Weg durch die karge Landschaft gesucht hat. Wir geniessen die Aussicht und gönnen uns ein paar Minuten Pause bevor wir dann den Abstieg über Felsen und Steine in Angriff nehmen. Besonders jetzt erschwert das falsche Schuhwerk das Wandern ein wenig, aber schlussendlich kommen wir alle heil unten an und stellen mit Stolz fest, dass wir für die Strecke ganze 60 Minuten weniger gebraucht haben, als angegeben. Auch unsere beiden Muttis sind also noch ganz schön fit!

 

 

Freitag, 7. Januar 2011

Nachdem wir gestern Abend mal wieder, wie es sich für Fernreisende gehört, grilliert und im Auto übernachtet haben, holen uns nun unsere Muttis zusammen mit Esmes auf dem Campingplatz ab. Die Geisterstadt Kolmannskuppe steht auf dem Programm und wir müssen uns beeilen, um noch rechtzeitig für die geführte Tour im kleinen Ort anzukommen. Komannskuppe stand zusammen mit dem Dead Vlei immer zuoberst auf meiner Have-to-see-Liste von Namibia und so freue ich mich besonders auf diesen Ausflug und hab meine gesamte Fotoausrüstung mit dabei. Mit etwas Enttäuschung muss ich dann aber feststellen, dass Petrus es heute nicht gut mit mir meint und die Wolken über uns zunehmend dichter werden, je näher wir der Küste kommen. Regen ist zwar keiner in Sicht, aber mit der Geisterstadt unter blauem Himmel wird es heute wohl auch nichts.

 

Im Ort angekommen, führt uns eine nette alte Frau mit deutschen Wurzeln durch die einzelnen Gebäude und erzählt uns mit viel Herzblut vom damaligen Leben der Diamantensucher. Ihre Grossmutter gehörte zu denjenigen Deutschen, die hier noch vor dem ersten Weltkrieg inmitten der Wüste ein Dorf errichteten, in dem es an nichts mangelte. Es gab einen Zug, Bäcker, Metzger und Lebensmittelhändler, ein Spital mit mehreren Ärzten und Krankenschwestern, ein Restaurant mit einem Theatersaal und sogar eine Kegelbahn. Auch Elektrizität und eine Eismaschine waren vorhanden und die Häuser waren mit teuren Holzmöbeln eingerichtet, welche alle von Deutschland eingeführt wurden. Es mangelte an nichts, ausser nach ein paar Jahrzehnten an Diamanten und dies führte dazu dass die Leute 1956 weiterzogen und die Stadt verwaiste und langsam von der Wüste zurückerobert wurde. Mit viel Interesse höre ich der alten Dame und ihren Geschichten zu, und bin erstaunt, in welch tadellosen Zustand einige Gebäude auch nach so vielen Jahren immer noch sind. In Gedanken bin ich jedoch bereits bei den verwahrlosten mit Sand gefüllten Häusern und so springe ich dann am Ende der Tour auch gleich los und erforsche das nächstgelegene Haus. Die Geisterstadt hat nicht zu viel versprochen; mit ihren eingeschlagenen Fenstern, den türlosen Eingängen, den abgedeckten Dächern, der abblätternden Farbe und natürlich dem Sand der sich zeitweise bis fast unter die Decke türmt, hat der Ort in der Tat etwas gespenstisches an sich. Ich bin total fasziniert und kann mich auch nach dem sechsten Haus noch nicht an diesem Schauspiel sattsehen. Ich hätte noch stundenlang hier bleiben können, aber die Zeit drängt und so fahren wir weiter Richtung Lüderitz.

 

Lüderitz haben Patrick und ich bereits bei einem Landgsng der Ocean Princess besucht und deshalb bietet sich uns hier wenig neues. Auch unsere Mütter scheint die deutsche Stadt nicht besonders zu beeindrucken und so brauchen wir nur wenig Zeit für den Besuch des Goerke Hauses und der Felsenkirche sowie einer kurzen Rundfahrt durch die Stadt. Wir gönnen uns lieber ein ausgiebiges Mittagsessen mit frischem Fisch und Austern und machen uns dann auf den Rückweg, um nach den wilden Pferden Ausschau zu halten, zu deren Herkunft es mehrere verschiedene Theorien gibt. Schlussendlich ist aber nicht die Vergangenheit das faszinierende an den Tieren, sondern die Tatsache, dass sich die Pferde an die Bedingungen in der Wüste anpassen konnten und heute in totaler Freiheit und praktisch ohne menschliche Hilfe hier leben.

 

Wir haben Glück und finden eine kleine Herde, die wir gespannt beobachten. Ich hatte mir die Tiere etwas abgemagert und verwahrlost vorgestellt und bin nun erstaunt wie gesund und gepflegt sie doch sind und mit welcher Energie die zwei kleinen Fohlen in der Hitze der Nachmittagssonne herum springen. Wir schauen ihnen noch eine Weile zu und fahren dann zurück zu unserer Lodge.

 

Patrick und ich haben  auf der Rückfahrt entschieden, dass wir noch eine zweite Wanderung auf dem Gelände unternehmen möchten und so brechen wir kurze Zeit später auf zum Sunset Trail.

 

Wie auch bei der ersten Wanderung schlängelt sich der sandige Weg um einen Hügel herum, nur dass dieser Trail wohl mehr oder weniger eben geblieben wäre. Nach rund 20 min weist jedoch ein Schild auf einen Viewpoint auf dem Hügel hin und weckt damit unsere Kletterlust. Der Aussichtspunkt ist schnell erreicht und bietet bereits eine tolle Aussicht aber wir wollen höher hinaus und so kraxeln wir weiter über Steine und Felsen hinweg immer geradewegs auf den höchsten Punkt der Hügelkette zu. Der Ausblick von oben ist anschliessend einfach überwältigend und auch wenn wir uns sicher sind, dass die Lodgebesitzer unsere Aktion nicht begrüsst hätten, sind wir doch rundum zufrieden mit unserer Leistung.

 

 

Samstag 8. Januar 2011

Heute müssen wir zeitig aufbrechen; über 500 Kilometer Schotterpiste gilt es an diesem Tag zurückzulegen. Wir packen also bereits früh morgens wieder alle unsere Besitztümer in den Landcruiser und untersuchen dieses Mal die Kisten und Blachen besonders gut auf blinde Passagiere. Am Vorabend hatten uns eine riesengrosse Spinne sowie ein Skorpion in der Lodge einen Besuch abgestattet und wir wollen diese Tiere später lieber nicht in unserem Bett vorfinden.

 

Auf den Schotterpisten angekommen legt Esmes ein beachtliches Tempo vor und Patrick versucht mit ihm mitzuhalten, was mit unserem schweren Fahrzeug gar nicht so einfach ist. Wieder fahren wir durch eine eindrucksvolle Gegend. Steppen, Dünen und Hügel scheinen sich im Minutentakt abzuwechseln und ich weiss nun wieso Namibia derart berühmt ist für seine landschaftliche Schönheit. Patrick bekommt von der Umgebung aufgrund des hohen Tempos leider viel zu wenig mit und wir nehmen uns vor, später zu zweit dann wieder etwas gemächlicher durch Afrika zu reisen.

 

Gegen Mittag erreichen wir das 100-jährigen Schloss Duwisib und statten ihm einen kleinen Besuch ab. Das Schloss selbst ist wenig beeindruckend aber die Anekdoten über die früheren Schlossherren, welche uns Anni später erzählt, sind doch sehr amüsant.

 

Auf dem zweiten Teil der Strecke verdunkelt sich der Himmel über uns dann zunehmend und plötzlich prasselt ein heftiger Regen auf uns nieder. An das kühle Nass haben wir uns schon fast ein wenig gewöhnt, immerhin bereisen wir Afrika während der Regenzeit. Als es dann jedoch auch noch anfängt zu Hageln, sind wir doch etwas erstaunt. Hagelregen in Afrika, mit dem haben wir nun wirklich nicht gerechnet. Zum Glück lässt das Gewitter schnell nach und so erreichen wir unsere nächste Lodge, Weltevrede, am späteren Nachmittag ohne grössere Zwischenfälle.

 

 

Sonntag, 9. Januar 2011

Am Vorabend sind wir alle zeitig zu Bett gegangen. Einerseits waren wir von der langen Fahrt ziemlich erschöpft, andererseits wussten wir, dass heute der Wecker bereits um halb fünf klingeln würde, damit wir rechtzeitig zum Sonnenaufgang in den Dünen nahe des Sossusvlei eintreffen werden. Die Sterne über uns sind noch deutlich sichtbar, als wir uns kurz nach fünf auf den Weg machen. Sie leuchten aber bald nur noch schwach und machen schliesslich der Morgendämmerung Platz. Nicht nur wir sind früh unterwegs, auch Oryx, Springböcke und Schakale geniessen die kühlen Temperaturen um diese Uhrzeit und tauchen immer wieder am Strassenrand auf. Wir passieren das Tor zum Naukluft Park kurz vor Sonnenaufgang und tauchen ein in eine traumhafte Welt aus kräftigen Farben, eindrucksvollen Lichtspielen und skurrilen Formen.

 

Kurz nachdem wir die ersten Dünen erreicht haben, erscheint die Sonne hinter der Bergkette und taucht die Dünen in ein dunkles rot. Die leichten wellenartigen Formen, welche vom Wind auf die Dünen gezeichnet wurden, werfen nun lange Schatten und geben zusammen mit abgestorbenen Bäumen perfekte Fotosujets ab. Ich bin völlig verzaubert von der ganzen Stimmung, würde am liebsten alle 5 Sekunden aus dem Auto springen um Fotos zu schiessen und recke meinen Kopf nach links und rechts, um nur ja nicht auch den kleinsten Teil des Schauspiels zu verpassen. Den anderen scheint die Umgebung zwar auch zu gefallen, aber ganz die selbe Faszination empfinden sie wohl doch nicht dafür und so fahren wir mit weniger Stopps als mir lieb ist bis zur Düne #45. Wie so viele vor uns, möchten auch wir diese Düne gerne besteigen, um die Aussicht von ganz oben zu geniessen. Der Aufstieg ist zeitweise ganz schön beschwerlich und für zwei Schritte vorwärts geht man bestimmt einen Schritt rückwärts aber wir kommen dennoch zügig voran und sind nach ca. 15 min oben angelangt. Erst von ganz oben wird einem die Weite dieser Dünenlandschaft bewusst und man fühlt sich plötzlich verschwindend klein. Die Muttis spazieren anschliessend wieder den gleichen Weg der Kante nach zurück, Patrick und ich jedoch wählen den Shortcut auf der Seite der Düne. Wie auf Sprungfedern rennen, springen und rutschen wir den Hang hinunter und füllen dabei unsere Schuhe bis zum Rand mit Sand. Was für ein Spass, das machen wir bald wieder!

 

Die Möglichkeit bietet sich früher als erwartet, als wir beim Parkplatz vor dem Dead Vlei eintreffen und uns Esmes erklärt, dass man entweder über die Düne oder um die Düne herum zum Schauplatz gelangen kann. Patrick und ich müssen nicht lange überlegen und stampfen gleich los Richtung Dünenkante. Der Aufstieg ist schnell geschafft und von oben hat man eine ausgezeichnete Sicht auf die abgestorbenen Kameldorn Bäume, die etwas verloren in der getrockneten Salzpfanne stehen. Wir lassen den Anblick des Dead Vleis kurz auf uns wirken und springen dann auf direktem Weg die Düne runter zu Salzpfanne. Obwohl auch hier, wie schon bei meinem ersten Favoriten der Kolmanskuppe, der Himmel mittlerweile wieder komplett wolkenverhangen ist, kann ich trotzdem nicht genug Fotos schiessen von diesem speziellen Ort. Erst nachdem auch wirklich alles festgehalten wurde, gehen wir weiter. Wir besuchen noch ganz kurz das Sossusvlei selbst, aber der starke Wind, der eingesetzt hat, lässt uns im offenen 4x4-Fahrzeug frieren und so machen wir uns auf den Rückweg. Kaum entfernen wir uns von der Küstennähe, werden auch die Wolken wieder kleiner und als wir wenig später den Sesriem Canyon besuchen, brennt die heisse Sonne erneut auf uns herunter. Der Sesriem Canyon ist zwar um ein vielfaches kleiner als sein grosser Bruder, der Fish River Canyon, aber nicht minder beeindruckend. Auf der Hinfahrt entdecken wir erst in letzter Sekunde die 1 km lange und rund 30 m tiefe Schlucht, in welche man auch heruntersteigen kann. Unten ist es angenehm kühl und es wachsen sogar einige kleine Bäume. Auf den verwinkelten Wänden des Canyon sitzen überall Tauben und beobachten uns auf unserer Erkundungstour. Wir finden gar ein riesiges Nest, dass in unserer Fantasie einem noch viel grösseren Adler gehören muss, den wir jedoch nicht zu Gesicht bekommen.

 

Am Abend dieses ereignisreichen Tages wartet dann noch einmal ein Highlight auf uns. Wir haben in der Nachbarslodge eine Sonnenuntergangfahrt gebucht und fahren nun mit Morne, einem supernetten Guide, in einem dieser typischen Safarifahrzeugen durch das weitläufige Gelände der Lodge. Immer wieder halten wir an und Morne erzählt uns etwas über die Siedlervögel oder die davon eilenden Oryx. Wir sind erstaunt, dass wir selbst nach zwei Monaten Afrika immer noch so viel neues über diese beiden Tierarten lernen können. Kurz bevor die Sonne am Horizont verschwindet, fahren wir zur höchsten Düne und richten die mitgebrachten Snacks auf dem bereits vorhandenen Tisch an. Bei einem köstlichen Gin Tonic lassen wir dann den Tag und ein bisschen auch schon unsere gemeinsamen Ferien revue passieren, während hinter uns langsam die Sonne untergeht.

 

 

Montag, 10. Januar 2011

An unserem letzten gemeinsamen Tag haben meine Mutti und ich noch einmal einen Mutter-Tochter-Ausflug geplant. Unabhängig voneinander haben Kamele für uns beide eine spezielle Bedeutung und so sind wir gleich Feuer und Flamme gewesen, als wir hörten, dass in Solitaire Kamelritte angeboten werden. Als wir mit Anni und Esmes im 50 km entfernten Ort ankommen, wagt sich auch Esmes noch kurz auf den Rücken des Kamels. Kaum ist jedoch das Beweisfoto im Kasten, steigt er blitzschnell wieder herunter und hält fest, dass man da schon deutlich höher sitzt als auf einem Esel. Recht hat er. Meine Mutti und ich lassen uns davon aber nicht abschrecken und buchen einen einstündigen Ritt. So schaukeln wir schon bald auf den Rücken von Abraham und Goliath über die anliegenden Steppen und sehen in der Ferne David, der heute seinen freien Tag hat und genüsslich seine Weide abgrast.

 

Später am Nachmittag begeben sich Anni und Patrick noch mit dem Landcruiser auf Entdeckungsreise, nachdem wir unseren Plan eines Abendspazierganges aufgrund einiger Regentropfen wieder verworfen haben. Sie erkunden zuerst auf vier Rädern das Geländer der Farm und wagen sich anschliessend trotz Annis anfänglicher Angst vor Schlangen noch zu Fuss auf eine Siedler-Vogelnester-Inspektion. Die Schlangen sind ihnen gnädig gestimmt und so kommen die beiden wieder heil in der Lodge an. Den Rest des Tages verbringen wir dann noch faulenzend am Pool. Nach dem Abendessen lassen wir die vergangenen Tage noch einmal mit einer Auswahl der besten Bilder revue passieren und sind uns  einig, dass wir eine tolle gemeinsame Zeit hier in Namibia hatten und alle gerne wieder einmal dieses eindrückliche Land bereisen würden.

 

Tags darauf gilt es dann endgültig goodbye zu sagen. Der Abschied fällt vor allem unseren Müttern nicht leicht, wissen sie doch, dass uns der gefährliche Teil der Reise erst noch bevor steht. Immerhin konnten sie sich aber nun versichern, dass es uns gut geht, konnten uns in den vergangenen Tagen so richtig verwöhnen und sicherstellen, dass wir die verlorenen Pfunde von Naankuse im Eiltempo wieder auf unsere Rippen kriegten. Auch wir haben den Besuch unserer Muttis und die gemeinsamen Erlebnisse sehr genossen und uns darüber gefreut mal wieder ein Stück Heimat um uns herum zu haben. Nun sind gestärkt und ausgeruht bereit für die nächsten 2,5 Monate unseres Abenteuers.

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